Ursprung und Geschichte des       Flatcoated Retriever                  zurück

 

  Die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingetretene beträchtliche technische Verbesserung der Jagdflinte hat die damalige Jägerschaft zu erneuten Überlegungen bezüglich ihrer Jagdhunde veranlaßt. Wurden bis dahin in England hauptsächlich Hunde vom Typ des »springenden« Spaniels, Pointers oder Setters bei der Jagd verwendet, kam jetzt der Wunsch nach einem Hund für das Nachsuchen und Bringen von Wild auf. Man begann versuchsweise verschiedene Hundetypen zu paaren mit dem Ziel, einen für diese besondere Aufgabe brauchbaren Hund zu entwickeln. Der Hütehund wurde wegen seiner Leichtführigkeit genommen, der Spaniel wegen seiner jagdlichen Eigenschaften, der Wasserhund für die Wasserjagd und der Setter wegen seiner guten Nase. Der »Vater« des heutigen Flatcoats jedoch, Mr. S. E. Shirley, geboren 1844 (ebenfalls Gründer des Britischen Kennel Clubs), setzte einige dieser Hunde zusammen mit dem großen Neufundländer und dem großen Labrador oder St. Johns Hund zur Zucht ein.

Seit dieser Zeit scheint sich einerseits der Curly-coated Retriever als eigenständiger Typ fortentwickelt zu haben, andererseits kristallisierte sich der Wavy-coated Retriever als mehr oder weniger reine »Rasse« heraus. Wavy-coated war jedoch eine etwas lockere Bezeichnung, die - wie es scheint - mehrere Typen umfaßte.

  Diese Hunde wurden in den Field Trial Katalogen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts als »rauhhaar«, »glatthaar«, »wellig«, oder »schlicht« und auch als »Labrador« geführt. Alle diese Typen wurden ohne Einschränkungen untereinan­der gepaart, und von ihren Besitzern nach eigenem Geschmack bezeichnet. Ein Beispiel hierfür ist Ch. Darenth, der stets als einer der berühmtesten Flatcoat Gründerrüden angesehen wird und ebenfalls Vater des bedeutenden Labrador Rüden »Horton Max« war.

  Dies "Frei-Untereinander-Paaren" der Retriever-Typen setzte sich bis in die zwanziger Jahre fort als ihm der Kennel Club durch neu eingeführte Bestimmungen ein Ende bereitete. Als ein Grund für die Rückläufigkeit in der Beliebtheit des Flatcoats wird oft angegeben, daß der Labrador-Schlag sich stets stärker vererbte; die Nachkommen einer Flatcoat-Labrador Paarung waren immer mehr vom Labrador-Gepräge. Ein weiterer Grund ist wahrscheinlich die Tatsache, daß die großen Flatcoat Zwinger vom Anfang des 20. Jahrhunderts ihre züchterische Tätigkeit nach dem Ersten Weltkrieg nicht wieder aufnahmen. Viele Zwinger wechselten in dieser Zeit zum Labrador Retriever hinüber.

  Die an Ausstellungen interessierten Züchter wollten damals für die Rasse einen längeren Kopf haben, eine Vorstellung, die zwischen den beiden Weltkriegen bei den Züchtern zu Beunruhigung und Kontroverse führte. Diese Köpfe wurden als »fiddle«, dank ihrer Ähnlichkeit zu diesem Instrument, oder »Barzoi« bezeichnet.

 Es wurde sogar behauptet, daß Barsoi eingekreuzt worden waren, um einen längeren Kopf zu gewinnen, aber dies ist unwahrscheinlich.

Zu dieser Zeit war der Flatcoat kaum bei den Field Trials vertreten, denn er hatte seine Beliebtheit verloren. Es gab zwei Dual Champions (Field Trial- und Schönheits-Champion) in den frühen Jahren des Jahrhunderts, nämlich Grouse of Riverside und Toby of Riverside, und in den dreißiger Jahren auch zwei Field Trial Champions Elwy Mary und Windle Popular.

 

Seit den frühen Tagen von Mr. S. E. Shirley und seinem Ettington Zwinger gab es weitere Liebhaber des Flat-coated Retrievers, beispielsweise Harding Cox, einen Jäger und wahren Freund der Rasse, dessen Zwingername »Black« war; H. Reginald Cooke (Riverside), Großgrundbesitzer aus Mittel England; Colonel Legh vom bekannten »High Legh« Zwinger, dessen Rüde »High Legh Blarney« im Jahre 1906 den Besitz für 206 Guineas wechselte; Ellis Ashton (Leecroft); A. E. Southam, R. E. Birch (Brynasaph) und die Brüder Simms, die Jagdaufseher waren.

 

H. R. Cooke widmete sich während seines langen Lebens ganz der Rasse und hatte auf sie großen Einfluß. Er kaufte jedoch viele Hunde von anderen Züchtern und hat auf diese Weise über eine längere Periode die Zucht des Flatcoats auf einige wenige Züchter eingeschränkt. Vielleicht war dies für die Rasse weniger vorteilhaft als er geglaubt hat.

 

Als das Ende des Zweiten Weltkrieges kam, waren die Zahlen der Flatcoats sehr zurückgegangen, jedoch durch die Bemühungen einiger Züchter besserte sich die Lage. Hierbei führend waren Dr. Nancy Laughton (Claverdon), Stanley O'Neill (Pewcroft), Colin Wells (>W<) und Will Phizacklea (Atherbram). Will Phizacklea und seine Frau widmeten sich der Zucht der leberfarbenen Flatcoats und gründe­ten einige Linien. Ihnen folgte Margaret Izzard (Ryshot), von deren Zucht viele der heutigen Leberfarbenen abstammen.

 

In den fünfziger Jahren wurden C.C.s (Championats-Anwartschaften) für den Flatcoat bei zirka zehn Zuchtschauen vergeben, und die Meldungen in den verschiedenen Klassen lagen bei 2 oder 3, manchmal bei 7 oder 8 Hunden. Die Flatcoats von Colin Wells zeigten sich zu dieser Zeit hervorragend, sowohl auf Zuchtschauen als auch bei Field Trials. Er führte seine Hunde jagdlich und verlangte als Jagdaufseher des Herzogs von Rutland stets eine hohe Leistung. So oft er es möglich machen konnte, meldete er sie auch bei Field Trials. Colin Wells scheint stets Hunde von sehr gutem Typ gezüchtet zu haben, denn er erzielte über die Jahre mit verschiedenen Hunden »Bester der Rasse« auf Crufts. Seine Hunde beeinflußten die weitere Zucht der Rasse sowohl was den Typ anbetrifft als auch hinsichtlich der Leistungen.

 

Stanley O'Neill (Pewcroft) hat ebenfalls viele Sieger gezüchtet. Sein Zuchtpro- gramm in Verbindung mit dem von Mrs. Laughton (Claverdon) half den Typ des heutigen Flatcoat zu festigen. Der Einfluß der Claverdon Flatcoats war beträchtlich, vor allem in der Zeit, bevor diese Rasse wieder populär zu werden begann. Weitere einflußreiche Züchter aus diesen Jahren waren Mrs. Lock (Halstock), Mr. Wilson Stephens (Hartshorn), Peter und Shirley Johnson (Downstream) und Amelia Jessel  (Collyers). Read Flowers (Fenrivers), Mrs. Fletcher und Mr. Davis (Rung-les), Air-Commander und Mrs. Hutton (Yarlaw), Mr. und Mrs. Forster (Wizardwood) und Miss Hall (Blakeholme) gehören ebenfalls dazu.

  Die hervorragenden Eigenschaften der >W<-Flatcoats von Colin Wells wurden in mehreren dieser Zwinger weiter vererbt, so beispielsweise in dem Downstream, dem Fenrivers und Tonggreen wie auch in dem Wizardwood Zwinger. Dieser Einfluß reicht bis in die heutige Zeit, denn der Enkel von Ch. Tonggreen Sparrowboy war der führende Zuchtschau-Sieger aller Zeiten: Ch. Shargleam Blackcap, gezüchtet von Miss P. Chapman. Später noch aus dem Exclyst Zwinger von Mrs. Phillips kam Ch. Exclyst Bernard, ein weiterer Nachkomme Ch. Woodlarks, der einen großen Einfluß auf die Leichtführigkeit der Rasse hatte.

  Der Belsud Zwinger von Mrs. Grimes hat die Ch. Claverdon Comet Linie fortgesetzt durch Ch. Belsud Black Buzzard. Mrs. Marsden (Tarncourt) hat unter anderem gute Gebrauchshund-Linien von Ch. Collyers Blakeholme Brewster, Ch. Claverdon Jorrocks of Lilling und Int. Field Trial Ch. Hartshorn Sorrel weitergezüchtet.

  Dies sind nur einige Hunde, die die Rasse bis in die heutige Zeit geprägt haben. Die Zahlen sind seit den sechziger Jahren stark gestiegen, und es wurden inzwischen Fachbücher verfaßt, die die Zucht eingehend behandeln. Das Buch von Dr. Nancy Laughton »A Review of the Flatcoated Retriever« ist ein umfassendes Werk, das bei der Flatcoated Retriever Society erhältlich ist. Ein weiteres nützliches Buch »The Complete Flatcoated Retriever«, geschrieben von Paddy Petch, wurde vom Boydell Verlag veröffentlicht.

  Bei weitem der stärkste Anstieg der Zahlen ist bei den Zuchtschauen zu verzeichnen. Auf allen Championats-Ausstellungen, bei denen Jagdhunde vertreten sind, sieht man heute häufig bis zu 30 Flatcoat zusammen im Ring. Dies hat zu einer beträchtlichen Verbesserung des Formwertes der Hunde geführt, und der Typ ist gleichmäßiger geworden, denn in den ersten Nachkriegsjahren waren starke Unterschiede in Typ und Größe im Ring festzustellen.

  Bei den Field Trials hat andererseits der Flatcoat kaum Fortschritte gemacht. In einigen Teilen Englands ist er zwar häufig bei der Jagd anzutreffen, in anderen Gegenden ist er so gut wie gar nicht bekannt, auch wenn heute die jährlichen Eintragungen beim Kennel Club fast die Tausendmarke erreicht haben. Beunruhigt durch diesen Zwiespalt - Mangel an Deckrüden aus Jagdgebrauchslinien auf der einen Seite und rapide ansteigende Zahlen nur auf den Zuchtschauen - hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet mit dem Ziel, das Gleichgewicht wieder herzustellen. Es ist verständlich, daß diese Aufgabe viel Zeit in Anspruch nehmen wird, bevor Ergebnisse registriert werden können. Die Arbeitsgruppe ist jedoch bereit, überall das Interesse an den Gebrauchseigenschaften der Rasse zu fördern. Es besteht kein Zweifel daran, daß der Flatcoat die Anlagen zu einem ausgezeichneten Jagdgebrauchshund besitzt; die Schwierigkeit liegt darin, genügend Zuchtmaterial zur Verfügung zu haben, um den Typus eines stilvollen, brauchbaren, leichtführigen Jagdgebrauchshundes zu festigen.

Die sehr aktive Flatcoated Retriever Society veranstaltet sowohl Zuchtschauen, als auch mindestens drei Field Trials pro Jahr. Dazu kommen noch Leistungsprüfungen in verschiedenen Teilen Großbritanniens. Sie bietet Rat in Fragen der Zucht und bringt ein Jahrbuch und ein Nachrichtenblatt heraus.

Um die Zucht besserer Jagdgebrauchs-Flatcoats zu fördern, überprüft sie Hunde bei der Jagd auf ihre jagdlichen Eigenschaften und vergibt Zertifikate an alle Hunde, die die Prüfung bestehen. Damit sollen die Züchter angeregt werden, Hunde zur Zucht zu verwenden, die bei einem normalen Jagdtag sich durch die natürlichen Eigenschaften eines Retrievers auszeichnen.

Genau so wie bei den Bemühungen der oben erwähnten Arbeitsgruppe, wird man auch hier den Erfolg erst nach einigen Jahren feststellen können.

 Flatcoated Retriever ist in vielen Ländern der Welt anzutreffen. Er ist nicht nur in Europa beliebt, vor allem in Skandinavien und Holland, sondern auch in Nordamerika, Australien, Neuseeland und in einigen Teilen Afrikas. Durch sein harmonisches äußeres Erscheinungsbild fällt der Flatcoat nicht nur bei der Jagd, sondern auch auf Ausstellungen sofort auf. Das Fell, das nicht so schwer ist, um ihn im Wasser oder Dickicht zu behindern, benötigt wenig Vorbereitung für die Zuchtschau, denn der natürliche Glanz des Haarkleids zieht das Auge an. Sein Gebäude zeigt »Kraft ohne schwerfällig zu wirken, »Rasse ohne dabei schmächtig zu sein«, wie es im Rassestandard vorgeschrieben wird.

Eine Rute, die selten ruht, zeugt von einem fröhlichen Wesen. Ein sanfter, freundlicher Ausdruck deutet an, daß er fast allen Streß-Situationen des Lebens gewachsen ist. Der Flatcoat ist glücklich, wenn er so viel wie möglich mit seinem Besitzer und dessen Familie zusammen sein kann, aber sein Bestes zeigt er in einem aktiven, interessanten Leben mit vielen Aufgaben, die seine Intelligenz beanspruchen; besonders aber bei der Arbeit, für die er seit mehr als einem Jahrhundert gezüchtet wurde: das Auffinden und Bringen von Wild.

 

                         

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